Biographisches
Portrait des Thomas von Jesus
Die
Karmeliter haben, so weit man das beurteilen kann, nie ihre Ursprünge als Einsiedler
vergessen, obschon sie in Europa den Stil eines Mendikantenordens angenommen haben.
Das Bewusstsein ihrer Ursprünge als Eremiten auf dem Berg Karmel, verbunden mit
dem Eifer für das Heil des Nächsten, hat im 16. Jahrhundert eine
außerordentliche Synthese in Gestalt des Tomás Dávila gefunden(1). Ja mehr: es
darf nicht vergessen werden, dass die Unbeschuhten Italiens im Zentrum dieses
historischen Augenblicks die Wegbereiter der Ordensverbreitung in alle Welt
sind. „Nicht nur, dass die Missionen zu dieser Einrichtung passen, sie sind
sogar ihr integrierender Bestandteil“ (2). Wenn man die Ursprünge der Öffnung
der „italienischen“ (3) Karmeliter für die Missionen verstehen will, so kommt
man an Thomas von Jesus nicht vorbei (Díaz Sánchez Davila), denn er hat die
Theorie dieser Mission entworfen. Er läßt in sich gleichsam Gebet und Mission
zu einer ausgeglichenen Einheit werden, und so findet die Mission ihren Elan in
dieser Schlüsselperson der zweiten theresianischen Generation. Thomas wurde im
Baeza Andalusiens 1564 geboren. In seiner Heimatstadt studierte er die Künste
und Theologie. Anschließend zieht er nach Salamanca, wo er Recht belegte. Dort
entschließt er sich, das karmelitische Leben zu wählen - angeregt durch die Lesung der Werke der
Theresia von Avila. Viel verdankt er vor allem ihrer Autobiografie (4).
„Als ich Scholar in Salamanca war, hörte ich von meinem
Lehrer namens Maestro Cespedes, der
gerade über Humanismus Vorlesungen anbot, dass sich unter anderer Literatur,
die in reinem und echtem kastilischem Dialekt verfasst war, ein Buch einer
Unbeschuhten Nonne befand, das sprachlich besonders lobenswert war. Ich wusste
gleich, dass diese Nonne die selige Theresia war und ging sofort zu unserem
Ordenshaus, um eines dieser Bücher auszuleihen. Es wurde mir das Buch ihres Lebens
–noch handgeschrieben und nicht gedruckt- ausgehändigt“(5).
1607 ist ein Schlüsseljahr für Thomas, denn es teilt sein Leben in
zwei ziemlich unterschiedliche Phasen. Miguel Angel Diez et Teófanes Egido
haben ebenfalls diese Perioden im Leben
unseres Karmeliters unterschieden: die spanische (1564 - 1607) und die
europäische (1608-1627) (7). Bisher
hatte er ja nur Aufgaben im Innenbereich der spanischen Kongregation. Nach
seiner Priesterweihe (1591) wurde er für zwei Jahre zum Lektor der Theologie im
Konvent von Sevilla ernannt; 1591 wurde er dann nach Alcalá de Henares als
Lehrkraft und als Vizerektor gesandt. In der ersten Phase entschied er sich,
das kontemplative Einsiedlerleben zu führen. Somit hat er sich entschlossen,
dem Generalvikar (des Ordens) und den Definitoren (Delegierte zum Kapitel, die
von den Mönchen einer jeden Provinz gewählt werden) die Errichtung einer
Eremitage vorzuschlagen. „Die Eremitage in einer Provinz ist wie das Rückgrat im menschlichen
Leib“(8). Während dieser Jahre, da sich Thomas in das Studium der Regel seines
Ordens vertiefte, kam er zum Schluss: „Es ist wichtig Wüsteneien zu schaffen,
in denen sich die Religiosen, wenigstens eine gewisse Zeitspanne lang, ganz der
Kontemplation widmen könnten“ (9). Diese
„convicción eremitica“ – laut Teófanes Egido – hätte während der Noviziatszeit
begonnen.
Sein Vorschlag überzeugte nach reiflicher Überlegung seinen Oberen
(Doria) und Thomas erhielt die Erlaubnis für das, was er ersehnte (10). So kam
es, dass er eine Einsiedelei in Bolarque eröffnen konnte (1592). Es folgten
dann weitere Gründungen, unter denen wir nur
Wüste von Batuecas
(1599) nennen, wohin er sich am Ende des Provinzialates zurückzog und wo er die
letzten Jahre seiner Zugehörigkeit zur spanischen Provinz verbrachte. Er lehrte
dann auch Theologie in Sevilla und in Salamanca. Nachdem er noch einige andere
wichtige Aufgaben im Orden angenommen hatte, zog er sich für sieben Jahre in
die Einsamkeit von Las Batuecas zurück. Nach dieser eher langen Periode wurde
er durch das Generalkapitel von 1607 mit
derselben Aufgabe in den Konvent von Zaragoza versetzt.
Aber eine bedeutsame Wende begann sich abzuzeichnen. Paul V hatte
gerade 1607 ein Breve erlassen, in dem er unter
dem Titel heiligen Gehorsams die
Gegenwart des Thomas in Italien wünschte. So hat sich letzterer in Rom
niedergelassen, anfangs um sich der Mission im Kongo und in Abessinien zu
widmen, dann um das Vorhaben, die Gründung der Kongregation des Heiligen Paulus zu verwirklichen. Diese
Kongregation fand, nachdem sie vom Papst anerkannt wurde, den Widerstand zweier
anderer Kongregationen und wurde daraufhin fünf Jahre nach ihrer Errichtung
wieder fallen gelassen. Dennoch hat gerade diese Erfahrung die Grundlagen einer
Stiftung zweier Missionsseminare und vor allem der Kongregation Propaganda Fide
geschaffen (11).
„Diese
Missionsseminare waren notwendig und die Kongregationen, die sich vorrangig der
Mission widmeten, eröffneten solche Seminare in ganz Europa. Die italienische
Kongregation war de facto die erste, welche ein Missionsseminar zuerst in
Montecompatri (1605) und später in Rom (1613) eröffnete. Etwas später
entstanden jene von Malta, Lovania, Goa,
Meulun in Frankreich und eines anderes in Polen“(12).
Die Geschichte der Öffnung der Unbeschuhten für die Mission verlief
nicht eben einfach, ganz im Gegenteil: So man die widersprüchliche Geschichte
ihres Theoretikers näher untersucht, stellt sie sich als äußerst verworren
heraus. Sie ist ebenso schwer rein
verstandesmäßig zu begreifen, wie Thomas von Jesus selbst, der zunächst in
Rahmen der spanischen Reform so eifrig das Eremitenleben verfocht, ganz
plötzlich in der folgenden Zeit nach seiner Ankunft in Italien ein so
unermüdlicher Verteidiger der Missionen wurde. Seine Schriften „Antrieb zur
Mission“ (1610) und „Über die Förderung des Heiles aller Völker (1613)“ wurden
ja beide geschrieben, als er nicht mehr in Spanien weilte., denn die zwei Werke
wurden im Konvent und Missionskolleg von Santa Maria della Scala von Rom
verfasst. Darüber hinaus war seine vorhergehende Einstellung nicht nur für die
Errichtung eines Eremitenordens positiv, sondern er war zutiefst überzeugt,
dass der einzige mögliche Weg eines Karmeliters außerhalb der Kontemplation die Handarbeit war, was sich den damaligen
Schriften entnehmen lässt:
„Das erste Werk des Thomas
von Jesus: ‚Buch von der Frühzeit und den Heiligen des Ordens unserer Lieben Frau vom Karmel’, das
in Salamanca 1599 herauskam, enthält keine Silbe von der Mission noch verliert
es ein Wort über das tätige Leben als zweitem Zweck: die einzige äußere Tätigkeit,
die dem Geist des Ordens entspricht, bleibt die Handarbeit“ (14).
Sein Regelkommentar (1589) schließt jedwede missionarische Tätigkeit
aus - was uns noch einmal bestätigt, dass es zwei Abschnitte im Leben des
Thomas gibt. Die Wende zwischen den beiden Etappen tritt ziemlich unversehens
ein. Von Haus aus ist Thomas fest entschlossen, dass es keine
missionarische Berufung für ihn gibt. Alles wird plötzlich anders, und zwar, so
weit wir das wissen können, während der Feier einer Messe, an deren Ende er
eine Art Gelübde für die Mission ablegt:
„Seine Seele war erschüttert und wurde von
einem überaus lebendigen Verlangen nach Apostolat durchdrungen. So machte er
das Gelübde, sich bis zum Tod mit allen nur verfügbaren Mitteln der Verbreitung
der heiligen Kirche zu widmen, der Bekehrung der Ungläubigen, Häretiker und
Schismatiker (sein Eifer beschränkte sich nicht nur auf die Bekehrung der Ungläubigen, was ja der
eigentliche Sinn der Missionen nach Auffassung vieler Autoren ist) und jeder
anderen Beschäftigung, die nicht auf
dieses Ziel gerichtet ist, zu entsagen“ (15).
Kurz, mit Pammoli gesagt, er scheint diese beiden Standpunkte auf
Grund der Regel selbst zu vertreten. Aus der Regel innerhalb der Reform bezieht
er die notwendigen Grundsätze, um das Eremitenleben zu fördern und gleichzeitig
schöpft er von dort seine Argumente, die Karmeliter aufzufordern, sich mitten
unter die Schismatiker, Häretiker und Ungläubigen zu begeben (16). Es ist
paradox, dass sich gerade hierin recht klar eine ‚theresianische Seele’ (17)
zeigt, die es zuwege bringt, den Geist der Einsamkeit, „der sich im Innersten
des Herzens Gottes erfreut, mit einer missionarischen Gesinnung zu verbinden,
die sich danach sehnt, das göttliche Leben in die Seelen der anderen zu
gießen.“(18). Dazu ist der Standpunkt des Miguel Angel Diez von fundamentaler
Bedeutung. Nach ihm gibt es keine Kontinuität zwischen den zwei Phasen seines
Lebens, weil einerseits die Meditation der albertinischen Regel diesen Hang zum
Eremitendasein in ihm auslöst und andererseits die häufige Lektüre der Fondations
der Theresia „seine spirituelle Schau weitet und auf die apostolische
Aktivität hin öffnet“. Der Autor unterstreicht, dass ihm diese apostolische
Lust von Theresia her geschenkt worden sei, und umgekehrt sollte man den
Einfluss erforschen, den Johannes von Kreuz zur Zeit seiner Entscheidung für
das eremitische Leben auf ihn hatte, weil es wichtig ist anzumerken, dass er am
1. September 1601 von seinen Oberen beauftragt wurde, die Schriften des
Johannes vom Kreuz durchzusehen, selbst wenn wir wissen, dass er ihn fast nie
ausdrücklich zitiert.
Nach dem er den Beweis einer hingebungsvollen Wirksamkeit in Europa
geliefert hatte, wird er im Kapitel von Loano 1622 zum Generaldefinitor der
italienischen Kongregation ernannt. Aus einem seiner letzten Briefe geht jedoch
klar hervor, dass er in erster Linie immer ein Kontemplativer war (49): „Bei
dieser Vertiefung in mystische Dinge verspüre ich nicht wenig Geschmack. Denn beim
Studieren bete ich und beim Beten lerne und studiere ich; und das ist es, was
mich freut und womit ich mit einiger Befriedigung lebe bis dass diese Verbannung
zu Ende geht und es uns glückt, an der Quelle des Lebens zu trinken (20). So
verbrachte er die letzten Jahren seines erfüllten Lebens im Konvent de Santa
Maria della Scala in Rom. Er verstarb am 24. Mai 1627.
M. La Loggia
1) Historiografischen Konfliktsituationen, die er durchgestanden hat,
sehr beschädigt sind. Cf. T.
Egido, „Tomas de Jesus Sanchez Davila“, Herencia histórica y dinamismo
evangelizador, Actas del Coloquio Internacional de Misiones OCD, Larrea,
14-19 enero 2002, Burgos, Monte Carmelo, 2002, p. 75 – 99.
2)
Cit. In A. Ruggero, p. 201 Ein
solches Klima herrschte, als Juan de Jesús María seine Instruktionen für die Missionen schrieb, ein Werk, das an junge
Leute gerichtet war und in dem er ihnen erklären wollte, dass der Schwung für
die Mission zur Gänze auf die Ursprünge der
Reform der Theresia von Avila zurückging.
3) Nationalität ist hier nicht als Land der Geburt des einzelnen
verstanden, sondern als jenes der Zugehörigkeit seiner religiösen Gemeinschaft
4) S. de la Sacra Famiglia, „Tomás de Jesús“, Dizionario Enciclopedico
de Spiritualità, p. 2535-2536. Zur Vertiefung der Biographie verweisen wir
auf: E. Zambruno, Tomás de Jesús, Dizionario della Mistica, p. 1228-1230;
F. de Sainte María, Reforma de los Descalzos,II, Madrid, 1655, L. 8,c. 59-61. M. a San Joan-Baptista,
Bibliotheca scriptorum utriusque Congregationis et sexus Carmelitarum
Discalceatorum, Burdigalae 1720, p. 409-419. E. ab Omnibus Sanctis, Enchyridion chronologicum Carmelitarum
Discalceatarum Congregationis Italiae, Romae, 1737, p. 112-118
5)
“Dias liest die
Autobiografie der Theresia und ist nicht nur vom Stil, sondern vor allem von
der Art der Rede, die sie in diesem Werk übt entzückt - so sehr, dass er sich
im April 1586 dazu entschließt, in den Karmel der Unbeschuhten einzutreten. Er
nahm den Namen Tomás von Jesús an, um seiner Verehrung für S. Tommaso de Jesus
Ausdruck zu geben“. Vgl. E. Zambruno,
Tomás de Jesús, Dictonaire de Mystique
S. 1228- 1230. Um die Gestalt des Thomas von Jesus als sein ‘Jünger’ besser zu
verstehen siehe J.P. Arintero OP, Santa
Teresa y el P. Tomás de Jesús, „La ciencia Tomista“, 41 (Salamanca 1925),
S. 54-63 und T. Alvarez, “El ideal religioso de Santa Teresa de Jesús y el
drama de su segundo biógrafo, „Monte Carmelo“, 86 (1978), p 203-238.
6) Cit. In E. Zambruno, “Filosofia e Teologia
in Tomás de Jesús”, Genova Marietti 2002, S. 19. Im
Jahre 1588 kam in Salamanca die erste Ausgabe der Werke der Teresa von Avila
heraus. Tomás von Jesús dürfte noch ein Hand geschriebenes Exemplar gelesen
haben, eines der vielen Kopien eben (des ‚Lebens’ ganz besonders), die auf
Grund der dringenden Nachfrage angefertigt wurden.
7)
T.
Pammolli, Il P. Tommaso di Gesù e la sua
attività missionaria all’inizio del secolo XVII, Roma 1936, S. 49.
8)
E.
Zambruno,”Tommaso di Gesù”, Dizionario della
Mistica, S. 1228.
9) Er hat dem P. Niccolò Doria seinen Plan vorgelegt. Und P. Niccolò
konnte schon von seiner Veranlagung her nicht anders, als wohlwollend gegenüber
einem solchen Vorhaben sein. Sein Eifer – der einer Härte nahekam – für Buße,
für Zurückgezogenheit und Gebet, war wie Weg bereitend; aber zugunsten der noch
jungen Kongregation, in der die wertvollsten Mitglieder in die Wüste
verschwunden wären, hielt er es nicht für günstig, das Vorhaben schon jetzt
freizugeben. Später dann (1592), als sich noch andere gewichtige
Persönlichkeiten zugunsten des Projektes aussprachen, hat er zugestimmt und
veranlasst, dass es ohne weitere Verzögerung durchgeführt wird“. Vgl. T.
Pammolli, S. 42-43.
10) Zur Erklärung der Vorgeschichte E. Zambruno, Filosofia e Teologia, S. 22
11) P. du T.S.Sacramento OCD „Du saint Désert
aux Missions: La vocation de Tomás de Jesús », Etud. Carm., 1935,II, P. 248- 252. Der Autor legt dar,
dass der Widerstand als Folge einer neuen Einrichtung erklärbar sei. ‚Wie
sollte denn Spanien, das sich so sehr einem Apostolat nach außen widersetzte,
zuschauen, wenn seine eigenen Söhne eine missionarische Standarte hissen und
das Recht bekommen, im eigenen Lande zu rekrutieren? Was Italien betrifft, das
ohne hin nur schwach dastehe - wie sollte es sich entschließen, ihre
Sprösslinge, kaum dem Kinderzimmer entraten, hinzugeben, die ihre ganze
Hoffnung sind?“ Ib. S. 250.
12) Wir können, um bei der Gründung der Propaganda Fide weiter zu gehen, auf alle Arbeiten G. Pizzorusso zu
dieser Sache hinweisen oder auf den hoch gebildeten Karmeliter G. Goyau, „
Jérôme Gracián de la Madre de Dios et Dominique de Jésus Marie sur les origines
de la Propaganda“, Etud. Carm.,
18,1933, S. 23-51
13)
MHCT, p. XVII.
14) T. Pammolli, S. 79.
15) Ib. Auch:“ In einer ersten Phase zeigt er sich tatsächlich
befremdlich, wenn man seine Schriften nimmt, sogar widerwillig gegenüber
Missionen im Karmeliterorden. Sie gesamte Tätigkeit des P. Thomas lag im
Vorantreiben und in der Wiederherstellung der theresianischen Reform des
Einsiedlerlebens (…) und wohin er alle Reformen der Hl.Theresia lenkt, das ist
die Nachahmung des Elias in seiner Einsamkeit auf den Höhen des Karmels“ vgl.
ib. 95-96.
16) Ib. S. 69. derselbe Autor bringt in Anmerkungen zu den Chroniken der
spanischen Kongregation den Text des Gelübdes, das Tomas ablegte. Vgl Ib. Pg
95-96.
17) Ib. S. 69.
18) P. du T, S. Sacrament, ocd, S. 251.
19) Ib.
20) E. Zambruno, Filosofia e Teologia S 25
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